Selbstliebe, Präsenz, Heilung: Mein Interview mit Lea Hamann
Der Leuchtfeuer-Podcast von Lea Hamann begleitet mich schon eine Weile. Mir gefällt ihr authentischer Umgang mit den Themen Spiritualität, Liebe und Bestimmung und die Energie, die sie dabei übermittelt. Es ist eine fühlbare, liebe- und friedvolle Präsenz, die eine unmittelbare Auswirkung auf den Zuhörer hat.
Lea geht und lehrt den weiblichen Weg der Annahme, der Bedingungslosigkeit, des organischen Wachsens und der tiefen Sinnhaftigkeit all dessen, was sich in uns zeigt. Für mich ist das ein wohltuender Kontrast zu den maskulinen Wegen der strengen Disziplin mit z. B. 2,5 Stunden Meditation am Tag um 4.00 Uhr morgens. (Dagegen ist nichts einzuwenden, und eine solche Form der starren Disziplin hat auch mir tiefe Heilung und Befreiung gebracht, aber nach über 20 Jahren dieses strukturierten und kontrollierten Umgangs mit mir selbst, hatte sich dann in mir eine gewisse Müdigkeit und innerer Widerstand eingestellt. Der Wunsch nach mehr Fließen, Mühelosigkeit, es-sein-lassen, Lebensfreude ist immer deutlicher geworden – und so kamen neue Wege und weitere Entwicklungen mein Leben.)
Leas neu erschienenes Buch „Lebe, liebe, leuchte“ nimmt einen mit auf diesen weiblichen Weg – in Theorie und Praxis. Es ist leicht verständlich geschrieben, auch für Menschen, die sich bisher noch nicht weiter mit diesen Themen beschäftigt haben. Gleichzeitig ist es sehr bereichernd für die „alten Hasen“ aus den Gefilden der Persönlichkeitsentwicklung und Spiritualität.So habe ich mich sehr über die Möglichkeit eines kurzen Interviews mit Lea gefreut.
Liebe Lea – auf dem Weg des Heilens und Erwachens durchleben wir immer wieder mal Zeiten von Selbstverurteilung, Scham oder Schuldgefühlen. Was empfiehlst Du als besten Weg zurück in die Selbstliebe?
Es hört sich vielleicht erstmal paradox an, aber für mich ist der erste Schritt immer zunächst einmal, dass ich mir bewusst mache, was in meinem Inneren abläuft.
Wir leben in einer so leistungsorientierten Gesellschaft, dass wir oftmals immer auf ein Ziel fokussiert sind, das wir unbedingt erreichen wollen. Doch bevor wir losgehen können, müssen wir zunächst einmal wahrnehmen, was wir jetzt gerade fühlen, was wir im Körper wahrnehmen, oder was unsere Gedanken sind.
Es ist nicht unbedingt angenehm, aber es ist sehr heilsam, wenn wir uns zunächst einmal ankommen lassen – da, wo wir gerade wirklich sind.
Für mich ist das eine erste Form von Liebe: Bei mir zu sein.
Der zweite Schritt ist, dass wir aufhören, uns für das zu verurteilen, was wir gerade empfinden oder erleben. Meistens ist es ja tatsächlich herausfordernd genug ;-) Wir brauchen nicht noch eine Verurteilung obendrauf!
Ich habe viele Jahre mit der Vorstellung geübt, mein eigenes Kind zu sein. Ich habe mich gefragt: Wie würde ich mit einem Kind umgehen, das solche Angst hat wie ich gerade? Oder wie würde ich mit einem Kind umgehen, dass einen Fehler gemacht hat, genauso wie ich gerade?
Meistens spürte ich, dass ich dem Kind liebevoll begegnen würde, sehr viel liebevoller als ich zuvor mit mir selbst umgegangen bin. Liebevoll verstehen, satt zu verurteilen. Nicht bestrafen, sondern in die Arme nehmen. Mit der Zeit habe ich begonnen, diesen liebevollen Umgang mit mir selbst zu trainieren.
Es hat einige Jahre gedauert, aber es hat sich gelohnt. Je mehr Liebe ich mir selbst schenke, umso mehr kann ich wachsen, heilen und mich weiter entwickeln!
Welchen Tipp hast Du, um aus einem kreiselnden Gedankenkarussell (wobei die eigenen Energien überall sind, nur nicht in Dir und bei Dir) zurück in Deinen Körper und in den gegenwärtigen Moment zu kommen?
Mir hilft der Weg zurück in den Körper.
Wenn wir im Chaos der Gedanken kreisen, ist unser Atem meistens flach und wir sind (energetisch betrachtet) eher im Oberkörper oder Kopfbereich anwesend. Durch dieses Aufsteigen in die obere Körperhälfte verlieren wir den Boden unter den Füßen, uns fehlt sie stabile Ruhe der Erde.
Deshalb halte ich zunächst einmal inne, wenn ich bemerke, dass ich in einem Gedankenkarussell bin. Ich setze mich gerne hin (falls das möglich ist) und beginne damit, behutsam meinen Körper zu spüren. Kann ich meinen Kopf wahrnehmen? Kann ich meinen Oberkörper spüren? Wie sieht es mit dem Bauch aus? Wie fühlt sich meine Wirbelsäule an? Kann ich mein Becken wahrnehmen? Spüre ich meine Arme und meine Beine? Kann ich meine Füße wahrnehmen?
Es geht nicht darum, einen perfekten Zustand im Körper zu erzielen oder ein angenehmes Gefühl herzustellen, sondern einfach darum, wieder präsenter zu werden.
Mir hilft mein Atem dabei, tiefer in meinen Körper zu sinken. Mit jedem weichen Atemzug, den ich fließen lass, trägt mich der Atem wieder mehr nach innen.
Es ist ganz normal, wenn zwischendurch mal wieder Gedanken kommen von denen man sich ablenken lässt. Kein Problem, einfach bemerken und wieder zurückkehren zum Körper.
Meistens bemerken wir, wenn wir wieder im Körper sind, dass es tief in uns ein unangenehmes Gefühl gibt, das unser Gedankenkarussell überhaupt erst angeschubst hat. Es ist möglich, weich zu atmen und mit dem unangenehmen Gefühl zu sein. Mit jedem weichen Atemzug kann es sich etwas mehr lösen, bis es innerlich wieder leichter wird.
So lösen wir die Ursache für das Gedankenkarussell – und dadurch wird es wieder ruhiger im Verstand.
Was bedeutet für Dich „Heilung“?
In den letzten 15 Jahren hat sich mein Verständnis von Heilung immer wieder einmal erweitert.
Zunächst habe ich erlebt, dass Heilung bedeutet, meine inneren Baustellen wahrzunehmen und zu entdecken, was sich in meiner frühen Kindheit nicht vollständig entwickeln konnte. Ich bemerkte, dass es eine Liebe gibt, die immer versucht, alles was nicht wachsen konnte, zum wachsen zu bringen und vollständig zu entfalten.Ich habe auch beobachtet, dass es einen natürlichen Ablauf von Heilung gibt, dem wir folgen können statt zu versuchen, den Prozess zu steuern.
Egal wo ich bin und welchen Menschen ich begegne, ich spüre immer, dass es auf einer tiefen Ebene etwas in die Heilung strebt. Etwas was zerbrochen war, will wieder ganz werden. Etwas was unterdrückt war, sehnt sich nach Ausdruck. Etwas was vergessen wurde, strebt ins Bewusstsein.
Für mich gibt es nichts schöneres, als mich innerlich zurückzulehnen, weich zu atmen, und dem Fluss der Heilung zu folgen!
Meine Geschichte, die ich in meinem Buch beschreibe, ist auch eine Heilungssgeschichte. Nicht nur körperlich, sondern Heilung auf allen Ebenen, was für mich bedeutet, zu werden wer ich wirklich bin. Mein Gefühl ist, dass dieser Heilungsweg immer weitergeht, abenteuerlich und unglaublich schön ist!