Der Burnout-Zyklus: alles noch im grünen Bereich oder schon 5 vor zwölf?

© Adwo / stock.adobe.com

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Jeder von uns kennt wohl kürzere Zustände der Überlastung, und bei vielen Menschen halten diese über einen längeren Zeitraum an oder werden chronisch. Wenn ich hier von „Überlastung“ spreche, dann meine ich nicht nur einen High-Profile-Job mit einer sechzig-und-mehr-stündigen Arbeitswoche, sondern auch die Summe aller Anforderungen, wie zum Beispiel pflegebedürftige Eltern, einen Vollzeitjob und dabei alleinerziehend sein, trotz chronischer Erkrankung (von der möglicherweise keiner sonst weiß) am Arbeitsplatz volle Leistung erbringen, und so weiter.

Während der menschliche Körper und die Psyche durchaus dazu geschaffen sind, zeitlich begrenzte Phasen von großen Herausforderungen mit vollem Einsatz zu bewältigen, weiß mittlerweile jeder, dass dauerhafter Stress krank macht.

Der Burnout-Zyklus

Der deutsch-amerikanische Psychologe Herbert Freudenberger (1926-1999) veröffentlichte im Jahr 1974 den ersten wissenschaftlichen Artikel über das Burn-Out-Syndrom. Von ihm stammt das Modell des 12-stufigen Burnout-Zyklus (auch „Burnout-Uhr“ genannt).

1. Stufe: Der Zwang, sich zu beweisen

Dahinter steht der an sich völlig normale Wunsch, erfolgreich zu sein. Wird an der Erfüllung dieses Wunsches mit zu viel Verbissenheit gearbeitet, gewinnt er an Eigendynamik die zu übertriebenen Erwartungen an sich selbst führt und zum Zwang werden kann.

2. Stufe: Verstärkter Einsatz

Aus der Befürchtung, diese zu hohen Erwartungen nicht erfüllen zu können, entwickelt sich oft die Angst, die Kontrolle zu verlieren. Man bemüht sich, alle Aufgaben noch engagierter, sorgfältiger und perfekter zu erledigen. Um sicher zu stellen, dass alles perfekt läuft, ist man nicht mehr in der Lage, Aufgaben zu delegieren.

3. Stufe: Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

Die alltäglichen Kleinigkeiten und Freuden werden als lästig und störend empfunden. Nur noch die „eigentliche“ Aufgabe bzw. die Arbeit zählt. In diesem Prozess werden auch körperliche Bedürfnisse wie Pausen, Ernährung oder Bewegung vernachlässigt – denn das erscheint nicht mehr so wichtig.

4. Stufe: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen

Auch wenn man bemerkt (oder das Umfeld es einem spiegelt), dass die „Dinge“ aus dem Lot geraten sind, und die leise Stimme einem sagt, dass es dringend an der Zeit ist, zurückzurudern, stellt man die eigenen Bedürfnisse weiter hintenan. Wichtig ist nur das „große Ziel.“ Man beginnt sich zurückzuziehen und zu verbergen, wie es einem wirklich geht. In dieser Phase entstehen häufig auch zur Kompensation.

5. Stufe: Umdeutung von Werten

Druck und Belastung sind jetzt so hoch, dass alles außer dem gegenwärtigen Moment ausgeblendet wird. Es gelingt kaum noch Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, die Relativität der Ereignisse geht verloren und damit auch die Orientierung im Leben.

6. Stufe: Verstärkte Verleugnung auftretender Probleme

Unbewusst beginnt man, um sich selbst zu schützen, sein wahres Befinden – auch vor sich selbst - zu verleugnen. Durch diese Verleugnung gelingt es auch, den fortschreitenden Burnout-Prozess zu verbergen. Die persönlichen Bedürfnisse werden noch weiter vernachlässigt und eine zynische Lebenshaltung stellt sich ein.

7. Stufe: Rückzug

Als Folge davon beginnt man sich immer weiter von sich selbst und der Welt zurückzuziehen. Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit stellen sich ein. Emotionen werden abgespalten.

8. Stufe: Beobachtbare Verhaltensänderung

Man zieht sich so weit zurück, dass man sich von Zuwendung angegriffen fühlt. Man kann nicht mehr richtig unterscheiden, wer oder was unterstützend und aufmerksam sein möchte.

9. Stufe: Depersonalisation

Auf dieser Stufe beginnt man das Gefühl für seine eigene Persönlichkeit zu verlieren. Es gibt nun gar kein Bewusstsein mehr für eigene Bedürnisse, und alles, was mit dem eigenen Körper und Person zu tun hat wird verneint.

10. Stufe: Innere Leere

Das Krankheitsbild verfestigt sich, häufig entstehen Entstehen von Phobien, und Panikattacken treten auf. Man fühlt sich innerlich völlig leer, nutzlos und ausgelaugt. Mit Drogen und Aufputschmitteln wird dann versucht, sich noch irgendwie am Laufen zu halten.

11. Stufe: Depression

Nun entsteht eine manifeste Depression, und außer Erschöpfung, Verzweiflung und dem Wunsch nur noch schlafen zu wollen, ist nicht mehr viel wahrzunehmen. Oft tauchen auch Gedanken an Suizid auf.

12. Stufe: Völlige Burnout-Erschöpfung

Dies ist ein lebensgefährlicher Zustand! Die vollkommene Erschöpfung hat Geist, Seele und Körper ganz in Besitz genommen. Das „Ich“ hat sich aufgelöst, ein Lebenszweck ist nicht mehr erkennbar, meist bricht auch das Immunsystem zusammen.

Mit Burn-Out ist nicht zu spaßen. Diese Problematik darf weder verharmlost noch verschwiegen werden, die Dynamik ist vertrackt. Zögern Sie nicht, sich Unterstützung holen, wenn Sie alleine – was in den ersten 4 Stufen in der Regel noch möglich ist – den Ausstieg nicht mehr schaffen.

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